Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus,
Amen.
Der Predigttext für den Sonntag Judika finden wir im Hebräerbrief, im 13. Kapitel in den Versen 13-14.
Dort steht : Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. So lasst uns nun zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt sondern die zukünftige suchen wir.
Herr, sei du bei uns im Schreiben und Lesen.
Liebe Gemeinde,
Gelitten draußen vor dem Tor mit seinem eigenen Blut…
Das Bild haben die Allermeisten von uns schon gesehen.
Kommt man von der Dahlhauser Strasse die Treppen am Pfarrhaus hoch und schaut auf die Kirche, dann sieht man es.
Auf dem großen Mosaik aus den 50er Jahren sieht man ein verhältnismäßig große Dornenkrone mit Blutstropfen über dem guten Hirten und den weidenden Schafen.
Der Glockenturm ist noch nicht vollständig gebaut, da wirkt es auf dem Beton durch seine hell-bläulichen Farben.
Ja, und groß ist es. Ursprünglich nahm es die Fläche der Südseite des Gebäudes vom Eingang bis zum Kirchsaal in der Länge und vom Eingang bis unter das Kirchdach in der Höhe ein.
Schaue ich auf die gedruckte Festschrift der Entstehungsdokumentation der Zionskirche habe ich auch automatisch die Menschen auf dem archivierten Dokumentationsfilm vor Augen. Vom Krieg gezeichnete Menschen, heimische und Flüchtlinge die sich einen Gottesdienstort und ein Gemeindezentrum bauen. Die zukünftige Statt suchen wir, das spüre ich deutlich dabei.
Neben dem Gebäude , dem Glockenturm aus Beton und Stahl, den Gemeinschaftsräumen und Gebäuden für das Leben, war die Kunst am Bau den Erbauern wichtig.
So gefällt mir der Ausdruck eines Passfotos in Bezug auf das Mosaik gut.
Biometrische Daten- die erfasst ein Passfoto in unseren Dokumenten ( „Daten des Lebens“ Bios altgriechisch bedeutet das Leben, Metros altgriechisch. bedeutet das Maß) So könnte man sagen, das Mosaik ist für die Erbauer ein Bild mit den biometrischen Daten, das Bild dafür, was denn sich dahinter verbirgt und unverwechselbar wie bei unseren Passfotos ist, unabhängig davon, ob wir das eigene Foto nun für gelungen halten oder eben eher zweckdienlich…)
„Marmor für alle“- so lautet ein Buch von Jörg Johnen und er setzt sich darin mit mancher Kunst am Bau in den Fünfzigerjahren ( in Berlin ) auseinander. So manches Mosaik an öffentlichen Gebäuden wird dabei auch beschrieben. Der Titel gefällt mir gut und hat sich eingeprägt.
Ich erinnere mich auch an viele Mosaike aus dieser Zeit. An manchen Gemeinschaftshäusern im Osten erkennt man noch heute die Visionen einer erhofften erbauten neuen Zukunft, Tugenden werden dargestellt.
Ich habe Mosaiken vor Augen, die das Handwerk darstellen, die Arbeiter, Lehrer, wehrhafte Menschen, Kosmonauten.
Ich denke daran, wie vielleicht damals Menschen aus bunten Bruchstücken den Krieg im Nacken daraus mit Hoffnung und Liebe bunte Bilder geschaffen haben, die heute rückblickend angesehen ein Kriterium zwischen Hoffen und gewordener Wirklichkeit sind. (Ich hätte große Lust mal in Essen auf Mosaikentdeckungsreise zu gehen… ). Aber eben Marmor für alle – schaut man auf diese Bild gewordenen Visionen, dann darf man sich fühlen, als ginge man selber barfuss über die monumentalen Mosaiken im römisch-germanischen Museum in Köln. Schritt für Schritt nach vorne und Teil der Vision.
Marmor für alle- auch auf unserem Kirchengebäude.
Marmor für alle- ein Mosaik für die Menschen der Gemeinde in dieser Zeit aber doch mit der Darstellung etwas anders.
Die Dornenkrone und das Blut verstört manchen Betrachter. Keine schöne neue Welt sondern eine Darstellung eines vergangenen, wenig gefälligen biblisch berichteten Leidens Jesu.
Es ist ein Blick zurück auf ein Glaubensgeschehen, das ein Leben zerstört und nicht stählt.
Das finde ich etwas Besonderes und darin unterscheidet sich unser Mosaik etwas von den anderen Mosaiken, die ich vor Augen habe.
Marmor für alle…
Vielleicht gehörten für die Gestalter unserer Kirche die Dinge ebenso grundlegend zusammen wie die Verse aus dem Hebräerbrief für den Schreiber und die Empfänger damals.
Das Blut Jesu, sein Opfer und der gute Hirte, der das Leben gibt für seine Schafe, dass sie sicher weiden und weiterziehen können gehören zusammen.
Dabei ist damals der alttestamentliche Opfergedanke im Leben der Menschen präsent.
Seit Kain und Abel haben Menschen Dank, Lob, Hoffnung und Gnade in Verbindung mit Opfern ausgedrückt.
Möge Gott uns gnädig sein- war sicher der Gedanke bei manchem blutigen Tieropfer alter Zeit. So schützte auch das Blut an den Zeltpfosten der Israeliten vor dem sicheren Tod.
Es ist das Verhältnis zu einem gnädigen Gott , der sich trotz allem Widersprüchlichkeit des Menschen gnädig und erbarmungsvoll erweisen konnte. Dieses Bild verbanden die Menschen damals im Umfeld des Hebräerbriefes mit dem Blut.
Aber mit Jesus, seinem Tod, verstanden als Opfer seines Blutes bekommt der Glaube der Menschen ein erweitertes Bild hinzu.
Jesus selber hat sich im Glauben für die Menschen hingegeben.
Dadurch dürfen sich Menschen der Zukunft mit Gott, seines Erbarmens und seiner Gnade in der Beziehung zum Menschen vergewissern, ja sicher sein.
Das ist ein Fundament des Glaubens und gehört untrennbar zusammen.
„ Der Glaube ist eine feste Zuversicht auf das, was wir Hoffen und ein Nichtverzweifeln an dem, was wir nicht sehen“- so formuliert es der Schreiber des Briefes.
Da wurden in Jesus Christus die Bruchstücke des Glaubens vielleicht zum Marmor für alle…
Untrennbar gehören aber auch die Christen und Jesus Christus zusammen.
Das, was kommt an neuer Welt und an Zukunft hat für die Gemeinde mit Jesus Christus zu tun. Die Zukunft, die kommt ist immer auch eine Zukunft mit dem gnädigen Gott, der das Leben verleiht, Kraft und Mut gibt vor die Tore zu gehen und im Glauben die Zukunft gestaltet, erlebt oder erleidet in dem Bewusstsein, dass der, der das Leben gegeben hat auch am Ende unserer Zeit mit Gnade und Barmherzigkeit zugegen ist.
Marmor für alle…
Für die Gestalter unserer Zionskirche war dieses Motiv, so wie es sich darstellt wichtig in seiner Größe, in den Farben, in seiner Aussage.
Unterwegs sein als Gemeinde mit dem guten Hirten, aber eben auch durch ihn.
Dieses Bild in seiner Darstellung sollte für das Kirchengebäude ein „biometrisches Bild sein“, ein Bild, das das Leben dahinter darstellt.
Und damit sind wir unterwegs in unserer jeweils verliehenen zeit. Einzeln – aber auch als Gemeinde. In die Zukunft, wie sie sich eben erweist, mit dem Blick des Glaubens auf die Zeit, die Welt und die Menschen um uns herum. So dürfen wir unterwegs sein, wenn manch blühende Landschaft und manche Vision zerbröckelt oder nicht mehr zeitgemäss ist, vielleicht weil der Glaube auch um das unvollkommene, dornige weiß.
Ich wünsche Ihnen und Euch, uns allen in diesen Tagen langen Atem, Kraft und Geduld, und die Zuversicht des Glaubens für den Weg, der vor uns liegt. Um im Bild des Mosaiks zu bleiben : „Bleibt behütet in den dornigen Zeiten „
Olaf Zechlin, Pfarrer