Nachruf auf Martin Breetzke-Stahlhut

Kerzentisch mit Bild von Martin Breetzke-Stahlhut
Viele Trauergäste zündeten nach dem Gottesdienst Kerzen zum Gedenken an Martin Breetzke-Stahlhut an

Einen Nachruf zu schreiben für Martin ist als Kollege traurig und schwer. Plötzlich ist er nicht mehr in unserer Mitte und wir alle können es kaum fassen. Wir sind mit Gedanken bei ihm, bei seiner Frau und den Kindern und es schnürt uns den Hals zu, weil die Worte eigentlich nicht raus wollen aber den Umweg über die Tastatur finden müssen. Es ist alles so unverhofft und plötzlich geschehen. Und wir würden ihm gerne noch Vieles „nachrufen“ und das gilt wohl für uns alle in der Gemeinde und als Weggefährten.
Einen Nachruf für Martin zu schreiben ist darüber hinaus aber auch deshalb nicht einfach, weil mir sehr präsent ist, welche Einstellung er selber zu Nachrufen hatte, die seiner Meinung nach zu überladen oder zu schwülstig waren. Viele von uns haben seinen leicht kritischen Gesichtsausdruck vor Augen bei sehr förmlichen und langwierigen Veranstaltungen und irgendwie habe ich ihn gerade im Ohr. Lieber kurz und aufrichtig! Kurz und aufrichtig, ja: Er fehlt an allen Ecken und Kanten in unserer Gemeinde und sein Tod hat eine große Lücke gerissen.

Er hat viel Zeit und Energie in all den Jahren in unsere Gemeinde eingebracht. Er hat die vielen Veränderungen in den knapp 30 Jahren in der Gemeinde mitgestaltet und begleitet. Viele Male war er Presbyteriumsvorsitzender und in Gremien vertreten.
Es gibt nicht mehr so viele, die in diesen Zeiten auch in den Problembereichen einer Gesellschaft nahe bei den Menschen sind. Martin war so einer. Er hat viel möglich gemacht, manche angehenden Pfarrer geprägt und Spuren hinterlassen. Ein für ihn wichtiges theologisches Ideal für seine Vorstellung von Gemeinde hat er mir einmal in Anbindung mit dem Konzept des Theologen Ernst Langes erläutert. Ernst Lange war es wichtig, dass die Kirche sich einlässt, auf das Leben und die Wirklichkeit der modernen Welt, um der Glaubwürdigkeit Gottes Willen. Diesen Geist konnte ich auch bei Martin im alten Bonhoefferhaus und auch jetzt im Kirchenladen spüren. Das war ihm wichtig – Gemeinde bei den Menschen zu leben und auf gleicher Augenhöhe. Wer mitmachen wollte, konnte das mit seinen Gaben und Fähigkeiten. Eine Mischung aus Diskussionsforum, sozialem Engagement und bisweilen offenen Angeboten – eben ein bisschen so wie der allererste Kirchenladen von Ernst Lange in Berlin-Spandau in den 60èr Jahren. Ein Symbol dafür war ihm vielleicht auch das schlichte Holzkreuz, das aus schwarzen und im tiefen Moor gefundenen Hölzern gestaltet wurde und auch heute noch im Kirchenladen hängt. Manchmal hat er davon erzählt, wie er darangekommen ist.
Auch in den Tiefen des Lebens da zu sein, das konnte er. Als Kollege beeindruckte es mich immer, wie angenommen viele Menschen sich bei ihm fühlten und wie er oft auch versucht hat mal 5 gerade sein zu lassen, sei es dienstlich, theologisch und vor allem menschlich. Viele junge Menschen haben diese Wertschätzung im Unterricht und bei den beliebten Konfifreizeiten nach Schloss Dankern erlebt, im von ihm so geschätzten Kindergottesdienst, andere bei Taufen, Hochzeiten und Beisetzungen, bei Besuchen und in Sitzungen.

Er hat durch seine vielen Jahre hier Menschen und Familien schon oft ihr Leben lang begleitet und war für viele oft eben „der Martin“. Ein großer gewachsener Schatz an Beziehungen war er in der Gemeinde. Eine wichtige Konstante. Ein pfarramtliches „Herr Pfarrer Breetzke-Stahlhut“ war selten zu hören. „Ach, der Nette“, „der Freundliche“, und auch „der Lustige“ war manchmal ergänzend zu hören, als Menschen nach dem Pfarrer fragten, den sie am Rande oder das erste Mal in der Kirche erlebt haben. Und streitbar konnte er auch sein, wenn er den Eindruck hatte, die Würde der Menschen, ob in Familien, Einrichtungen, in Familienstrukturen und besonders auch bei Bestattungen stünde auf dem Spiel.
Mit besonderer Leidenschaft hat er sich im Martineum eingebracht. Ich meine, etwas von dem Geist, den ihn inspirierte ist dort spürbar. Ihm war ein gemeinschaftliches Leben in Würde und Geselligkeit dort wichtig. Von den Möglichkeiten der gemeinsamen Mahlzeiten dort bis hin zum menschlichen Miteinander im Leben und der Pflege im Haus. Dort war er mit sehr viel Leidenschaft tätig.

Schweden tat ihm gut, dort mit seiner Familie zu sein und auftanken zu können. Er kam immer sehr gelöst und inspiriert aus den Urlauben in Schweden zurück und man merkte ihm an, wie gut ihm die Zeit dort tat. Oft dauerte es aber nicht lange, dass ihn der pfarramtliche Alltag in seiner ganzen, oft schwerwiegenden Breite und terminlichen Enge wieder vereinnahmte.
Und er konnte anpacken und zulangen. Manchen riesigen Tannenbaum haben wir für die Zionskirche transportiert, den er persönlich darüber hinaus auch selber fachmännisch gefällt hatte.
Er hatte auch vor Augen, dass in dieser Zeit auch seine letzten Dienstjahre anstanden. Ich hätte ihm noch gerne viele, schöne Jahre und einen guten Ruhestand gewünscht und ich schaue im Moment auch nachdenklich zurück auf die Dinge, die ihn viel Kraft und manchmal auch Nerven gekostet haben. Er hat seine 27 Dienstjahre hier mitten in der Gemeinde mit seiner Familie gelebt und sich eingebracht. Er hat Eindrücke hinterlassen bei Mitarbeitern, den vielen Konfifreizeiten nach Dankern, bei den vielen Besuchen und Amtshandlungen, der Mitarbeit im damaligen Stadtkirchenverband und sicher auch im Martineum.

Die erste Andacht im Gemeindebrief Juni/Juli 1990 als neuer Pfarrer fürs Hörsterfeld hatte das Thema in Anlehnung an 1. Chronik 16,8 „Einander danken und Gott für die eigenen Fähigkeiten zu danken“. In diesem Sinne sind wir nach 27 Jahren dankbar für Martin Breetzke-Stahlhut, aus tiefem Herzen. Es ist mir fast so, als hörte ich ihn dazu mit seiner Gitarre, etwas lauter singend bei dem Lied „Strahlen brechen viel aus einem Licht, unser Licht heißt Christus. Strahlen brechen viel aus einem Licht und wir sind eins in ihm.“ Das mochte er. Ein deutscher Text nach einem schwedischen Lied.

Martin, ich wünsche dir, stellvertretend für uns alle, dass du schaust, was du geglaubt hast. Mein Sohn sagte mir, das Letzte, das Martin zu ihm gesagt hat, war „Gott segne dich“ beim Abschiedsgottesdienst der Viertklässler. Das wünschen wir dir alle jetzt auch „Gott segne dich, Martin!“ und Danke für das Miteinander und Danke für das, was du auch mit deiner Familie bei uns eingebracht hast.
Olaf Zechlin, Pfarrer
Vorsitzender des Presbyteriums