Eine weitere Woche unter besonderen Corona-Bedingungen liegt hinter uns. Eine weitere Woche ohne unser gewohntes gesellschaftliches Leben. Manches hat sich inzwischen eingespielt, Homeoffice, Kinder Zuhause.
Die Ostertage stehen vor der Tür, Verwandtschaftsbesuche fallen aus, das wird besonders weh tun an den Festtagen. Besuche in Krankenhäusern und Altenheimen sind untersagt, auch Sterbende dürfen nicht besucht werden. Was für eine unmenschliche Situation ist da entstanden. Und vielleicht machen sich auch Ängste breit? Was, wenn ich infiziert werde? Oder meine Angehörigen! Wenn wir uns nicht mehr sehen können in schlimmer Zeit? Und wie geht es wirtschaftlich weiter? Existenzängste haben viele erreicht.
Palmsonntag ist heute, Jesus reitet auf einem Esel in Jerusalem, dem Ort seiner Hinrichtung, ein.. Die Karwoche liegt vor uns, diese besondere Woche, die an all die verschiedenen Schritte der Leidensgeschichte Jesu erinnern. Wo kann sie uns in diesem Jahr Hilfe sein, das zu bewältigen, was jetzt für uns zu bewältigen ist?
Mein Blick richtet sich besonders auf die Geschichte von Gethsemane. Mit den Konfirmand*innen habe ich sie noch vor wenigen Wochen als Fotoerzählung festgehalten. (siehe Foto)
Jesus geht mit seinen Jüngern, kurz vor seiner Gefangennahme, an den Ölberg in den Garten Gethsemane. Er weiß um sein Ende, Angst nimmt ihn gefangen.
„Jesus sprach zu seinen Jüngern: ‚“Betet, damit ihr in der kommenden Prüfung nicht versagt!“ Dann ging er allein weiter. Einen Steinwurf von ihnen entfernt kniete er nieder und betete: „Vater, wenn es dein Wille ist, dann erspare es mir, diesen Kelch trinken zu müssen. Aber dein Wille soll geschehen, nicht der meine!“ Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und gab ihm Kraft. In seiner Todesangst betete Jesus noch angespannter und sein Schweiß tropfte wie Blut auf den Boden. Als er sich vom Gebet erhob und wieder zu den Jüngern kam, schliefen sie; so erschöpft waren sie vor Kummer. „Wie könnt ihr schlafen?“ sagte er zu ihnen. „Steht auf und betet, damit ihr in der kommenden Prüfung nicht versagt“!“ (Lukas 22, 39-46)
Ich erfahre durch Jesus in dieser Geschichte, wie ich mit meinen eigenen Ängsten umgehen kann. Und da ist viel Angst in Jesus, Todesangst! („erspare es mir, diesen Kelch trinken zu müssen“) Und ich erlebe hier, was Gebet ist, nämlich ein innerer Weg: mit allem, was ihn quält, hält Jesus sich Gott hin, weicht seinen Ängsten nicht aus, geht in sie hinein, durchlebt sie bis zum Grund. Und dann, nach einer Weile, geschieht Göttliches: „ein Engel erschien ihm vom Himmel und gab ihm Kraft“. Da, am tiefsten Grund seiner Angst, erfährt er, dass er gehalten ist, dass er nicht tiefer fallen kann, als in Gott hinein. Und so kann er am Ende voll Vertrauen beten: „Dein Wille geschehe“.
Ein Weg, mit den Ängsten unserer Tage umzugehen. Sie nicht wegzudrängen, sondern ihnen ins Gesicht zu schauen, uns ihnen zu stellen, sie zu durchleben, um gestärkt hindurchzugehen. Tag für Tag, morgen vielleicht wieder aufs Neue uns ihnen stellen müssen, aber wissen: es gibt einen Weg durch meine Ängste hindurch. Ich bin vielleicht dem Corona-Virus, aber nicht meinen Ängsten ausgeliefert.
Versuchen Sie, versucht, in dieser Weise des Gebets die Karwoche in diesem Jahr bewusst zu nutzen, um der Dunkelheit um uns herum nicht ausgeliefert zu sein, sondern ihr vertrauensvoll zu begegnen.
Friederike Wilberg, Pfarrerin
P.S. Die nächste Gebetskette soll am Karfreitag um 18 Uhr sein.