Andacht in der Zionskirche am ersten Sonntag nach der Coronaschliessung

Eine gespenstische Ruhe liegt in diesen Tagen über dem Sonntagmorgen. Kaum Flugzeuge sind zu hören. Kaum Autotüren auf dem Kirchplatz vor der Kita. Keine Glocken am Sonntag in der Frühe bisher, ja, die Vögel sind jahreszeitlich geschäftig und die Pflanzen regen sich merklich aber eben in ihrer Paralellexistenz.

Und dennoch ist es Sonntagmorgen.

Kirchliche Angebote gibt es heute reichlich. Im Internet, im Fernsehen, verlinkt im Kirchenkreis, und auf je eigene Art und Weise verabredet.

Gut , dass es das gibt.

Der Kirchplatz ist leer und es ist still zur Gottesdienstzeit.

„Der Bürgermeister hat die Gottesdienste abgesagt in der Coronazeit. Die Versammlungen haben nicht stattgefunden und die Kirche war geschlossen.“

Diese Antwort wollte ich mir nicht vorstellen, vielleicht bei den dann erwachsenen Kindern beim nächsten Jubiläum der Zionskirche. „Ja, da war es hier ruhig und gespenstisch.“

Das erleben ja gerade auch die Konfirmandinnen und Konfirmanden. Sehr plötzlich in der Dynamik der Pandemie wurde zuerst die Wochenendfahrt abgesagt, dann die Konfirmaton selber, keine Möglichkeiten, sich gemeinsam darüber auszutauschen. Da ist nicht nur die Kirche zu und Versammlungen abgesagt, da ist viel offen, viele Fragen und stille bedrückende Sprachlosigkeit, vielleicht ja auch Verlegenheit.

Nein, Versammlungen in der Kirche sind nicht möglich, aber die Kirche kann ein Zentrum der Begegnung und des Glaubens bleiben, einander verbindend, aber auch verbunden mit denen, die vor uns dort waren.

Und wenn wir uns nur einmal vorstellen würden, die Wände würden jedes Vater unser wiederhallen , was dort in unterschiedlicher Situation gebetet wurde von uns und anderen, dann ist das zwar still in der Kirche aber nicht leise in uns, da ist was hörbar, auch wenn es still ist.

Nein, die Kirche ist nicht geschlossen und Menschen sind verbunden.

Gemeinsam im Gebet verbunden zu sein zur Gottesdienstzeit- das ist ein hoher Wert für eine Gemeinde. (Ich erinnere mich daran, wie in anderen Ländern Menschen manchmal mehr als 100 km fahren, um das gemeinsam zu erleben.)

Es ist ein großer Schatz, wenn jemand sagt, ich habe für dich gebetet oder wenn jemand sagt, ich habe dabei eine Kerze für dich angemacht.

Und wir sind ja da, jeder kennt den Ort, hat seinen Lieblingsplatz dort, und jeder hört die Kirche auch. Laut sind sie für manche ja, die Stahlglocken der Zionskirche und man hört sie weit nach Steele hinein, über Freisenbruch hinaus und auch bis zur Ruhr nach Dahlhausen.

Ich habe dabei auch die Verse im Ohr, die auf den Glocken geprägt stehen.

„Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Frieden und Geduld“ (Galater 5) Manchmal passen die Worte, wenn ich sie durch das Läuten bedenke. Geduld… ja, das passt auch in dieser Zeit. Die Flüchtlings- und Nachkriegsgeneration in den späten 50er-Jahren hat das auch ihre Weise gehört.

So haben wir es denn auch für den „ersten Sonntag nach Corona“ geplant –

füreinander zu beten zu Hause und in der Kirche.

Wir haben Fürbitten gesammelt, den Kerzentisch vor die Altarstufen geschoben um mit Teelichtern an die Verstorbenen der vergangenen Woche zu denken, die Sonntagslesungen aufgeschlagen, Liedverse ausgewählt ( EG 407, EG 361, und so geh nun deinen Weg)

 

Ja, so haben dann am „ersten Sonntag nach der Coronaschließung“ die Glocken geläutet und wir haben sie gehört. Viele.

Licht und Kerzen waren an in der Kirche, diese Bilder kennen wir und teilen wir.

Ich war da mit dem Ordner und den gesammelten Fürbitten, den Gesprächen am Telefon und dem Mailkontakten der letzten Woche im Herzen. Ein komisches Gefühl, ja, ich war allein -aber nicht einsam, versammelt und eingereiht im Glauben , wenn auch nicht in einer Reihe sitzend. Die Stille in der Kirche war so keine sprachlose Stille, keine Verlegenheit. Mit den Fürbitten auf dem Altar, gerahmt von der Bibel und dem Gesangbuch, den brennenden Kerzen, der Dornenkrone und dem hohen Kreuz in der Kirche und dem Wissen der Verbundenheit in diesem Moment war es Kommunikation, Gemeinde, Suchen, Hören, Hoffen, Kraft.

„Ich muss arbeiten, werde aber im Stillen dabei sein“ sagte eine Mutter. Ich warte auf die Glocken und bin in Gedanken dabei- manch anderer.

-Ich bitte darum , dass meine Familie gesund wird

-Ich bitte darum, dass meine Familie gesund bleibt

-Ich bitte dich für den Frieden in unserer Familie

-Ich danke dir für die Menschen, die alles geben in dieser Zeit für die Gesellschaft

-Ich bitte darum , dass wir keine Angst haben

– Ich bitte für die alten Menschen, die sich jetzt fürchten

Ich bitte dich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den diakonischen Einrichtungen

……und viele andere Bitten wurden eingereicht.

Ich hoffe sehr, dass wir möglichst bald wieder zu den Gottesdiensten zusammenkommen können, zu unseren Veranstaltungen und gemeinschaftlichen Treffen. Solange das aber nicht möglich ist, können wir Möglichkeiten der Gemeinschaft und des Miteinanders gestalten, die uns als Gemeinde sprachfähig machen und gemeinschaftlich verbunden sein lassen. Wir können gemeinsam Worte finden und uns vergewissern. Diese Andachten zur Gottesdienstzeit sind eine Form dabei.

Über Fürbitten und Gebetsanliegen freue ich mich telefonisch oder per Mail.

Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Frieden und Geduld“ (Galater 5) 

Aus Zion bricht an der Morgenglanz Gottes.

Unser Gott kommt und schweiget nicht – So heißt es im Psalm 50.

Bleibt behütet in dieser Zeit- bleiben Sie behütet,

Ihr Olaf Zechlin, Pfarrer